Die Anzahl der unter Sehschwächen leidenden Deutschen nimmt kontinuierlich und immer deutlicher zu. Mittlerweile sind mehr als zwei Drittel aller Erwachsenen auf eine Sehhilfe angewiesen. Aber auch bei den Minderjährigen werden es immer mehr. Laut der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universität Mainz sind mittlerweile ein gutes Fünftel aller Kinder von einer Sehbeeinträchtigung betroffen – und je eher wir als Eltern erkennen können, dass etwas nicht stimmt, umso schneller können Augenärzte eingreifen. Stärkere Entwicklungsdefizite und Schäden können so rechtzeitig behandelt und entgegengewirkt werden – wenn sie früh genug erkannt und behandelt werden, sogar vollständig korrigiert. Aber wie genau kann eine Sehschwäche bei Kindern beobachtet werden?
Wie lernt ein Kind zu sehen?
Kinder lernen generell durch Beobachtung und Nachahmung sowie durch kontinuierliches Üben. Für unsere Augen gilt das bereits direkt nach der Geburt – nach etwa drei bis vier Monaten wird das räumliche Sehen entwickelt (die ersten Brillen können circa mit einem halben Jahr bereits verschrieben werden) und nach nur einem Jahr ist im Normalfall bereits 50% der Sehschärfe eines Erwachsenen erreicht. Bis ins Alter von etwa drei Jahren nimmt die Schärfe noch dramatisch zu, bevor sie im Anschluss etwas herunterfährt. Mit etwa neun Jahren ist dann das räumliche Sehen vollständig ausgereift – ab diesem Alter kann laut einer amerikanischen Studie auch auf Kontaktlinsen gewechselt werden –, einige Jahre später, mit circa zehn bis zwölf, dann auch das Gesichtsfeld.
Alle Entwicklungsbereiche eines Kindes stehen in Wechselwirkung zueinander, bauen aufeinander auf. Hören, Sehen und Tasten bilden dabei die Grundlagen für alles andere und sorgen für das notwendige äußere Input, um komplexere Bereiche und Strukturen zu erlernen. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass unsere Sinnesorgane eine einwandfreie Kommunikation zu unserem Gehirn besitzen – was bei einer Sehschwäche nicht der Fall ist. Da ein barrierefreies Sehen die Voraussetzung für viele motorische und kreative Folgefähigkeiten ist, kann ein Ausbleiben oder mangelndes Erlernen ein Hinweis für uns Eltern sein, dass etwas nicht stimmt.
Was sind die kindlichen Symptome einer Sehbeeinträchtigung?
Regelmäßige Besuche beim Kinder- aber auch beim Augenarzt im Kleinkindalter sind wichtig – nicht nur für das Überprüfen der Augen, sondern für alle Entwicklungsbereiche. U-Untersuchungen decken im Normalfall alle wichtigen Meilensteine ab, zusätzliche Absicherung ist allerdings immer hilfreich – vor allem, wenn man sich die Statistiken ansieht. Laut dem Berufsverband der Augenärzte werden nämlich noch immer etwa 60 % der Kurzsichtigkeiten bei Kleinkindern zu spät erkannt, um eine Chance auf gänzliche Korrektur zu haben – was bedeutet, dass eine große Verantwortung auf den Schultern der Eltern liegt; aber was genau sind die Hinweise, die wir beobachten können?
Bei älteren Kindern können ähnliche Symptome wie bei Erwachsenen erkannt werden – mangelnde Konzentration und Kopfschmerzen, aber auch Dinge wie Lese-Rechtschreibschwäche können von Sehschwächen ausgelöst werden. Es sollte immer daran gedacht werden, dass Kinder nicht wissen und keinen Vergleich darüber haben, wie ihre Sinne korrekterweise ausgebildet sein sollen – also auch keine Auskunft darüber geben können, wenn etwas nicht stimmt. Das ist besonders bei noch jüngeren Kleinstkindern der Fall. Hier können Hinweise wie Schielen, Augenzittern und hängende Lider, aber auch gräuliche Pupillen und Lichtempfindlichkeit hervortreten. Desinteresse an Malen, Lesen oder Basteln tritt ebenfalls auf. Da unsere Motorik eng mit unserem Sehvermögen verknüpft ist, ist ein häufiges Stoßen oder Stolpern üblich; aber auch das Vorbeigreifen, nicht Auffangen können eines geworfenen Gegenstandes und das Halten von Balance können Merkmale davon sein, dass die Hand-Augen-Koordination nicht richtig ausgeführt werden kann.
Sollte eines oder mehrere dieser Symptome bei Ihrem Kind auftreten, suchen Sie bitte schnellstmöglich einen Augenarzt auf.